Reformstaatsvertrag: Kahlschlag statt Zukunftsgestaltung?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Interessierte,

der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) steht vor massiven Einschnitten. Der neue Reformstaatsvertrag ist kein bloßes „Update“ – er greift tief in die programmliche Substanz und unsere tägliche Arbeit ein. Als VRFF – die Mediengewerkschaft blicken wir mit großer Sorge auf die Pläne, die nicht nur die Vielfalt bedrohen, sondern auch die Pressefreiheit und unsere Arbeitsplätze tangieren.

1. Ein Maulkorb für die digitale Welt: „Presseähnlichkeit“

Die Verschärfung des Verbots der Presseähnlichkeit ist ein massiver Rückschritt. Künftig sollen Texte in unseren Portalen im Schwerpunkt nur noch zulässig sein, wenn sie einen direkten Bezug zu einer konkreten Sendung haben, die nicht länger als vier Wochen zurückliegt.

Die Gefahr: Unsere journalistische Arbeit wird für Suchmaschinen wie Google fast unsichtbar, da Nachrichtentexte ohne „Sendungsbezug“ weitgehend untersagt werden. Wer Informationen sucht, findet künftig weniger qualitätsgeprüften Journalismus des ÖRR. Das schwächt unseren demokratischen Auftrag und schränkt die publizistische Freiheit der Redaktionen massiv ein.

2. Weniger Vielfalt durch Kahlschlag bei den Programmen

Die Vielfalt im Fernsehen und Hörfunk wird per Gesetz reduziert:

  • Spartenkanäle: Die bisherigen Angebote (wie tagesschau24, ZDFinfo, KiKA, Phoenix etc.) werden radikal umgebaut. Sie müssen teilweise zusammengelegt oder komplett ins Internet überführt werden.
  • Hörfunk: Die Anzahl der terrestrischen Hörfunkprogramme wird pro Anstalt streng begrenzt.

Was auf dem Papier nach Effizienz klingt, ist in der Realität eine Reduzierung der Angebotsvielfalt zulasten von Kultur, Bildung und Information.

3. Zusammenarbeit: Synergien vs. Arbeitsplatzrisiko

Der Vertrag verpflichtet ARD, ZDF und Deutschlandradio zur umfassenden Zusammenarbeit, insbesondere in administrativen und technischen Bereichen. Dies betrifft auch die Nutzung gemeinsamer personeller Kapazitäten.

  • Die Chancen: Durch „Shared Services“ und ein gemeinsames technisches Plattformsystem können Verwaltungskosten gesenkt und Prozesse (z.B. eine zentrale Reisekostenstelle) vereinheitlicht werden. Dies könnte theoretisch Mittel für das eigentliche Programm freisetzen.
  • Die Gefahren: Wir sehen ein hohes Risiko für den Arbeitsplatzerhalt. Die Verpflichtung zur Nutzung gemeinsamer personeller Kapazitäten und die Zusammenlegung von Geschäftsprozessen führt zwangsläufig zu Stellenstreichungen an den Einzelstandorten. Zentralisierung darf nicht bedeuten, dass die soziale Verantwortung gegenüber den Beschäftigten wegrationalisiert wird.

Wir als VRFF sagen deutlich: Reformen dürfen nicht auf Kosten der journalistischen Relevanz und der Beschäftigten gehen! Wir werden diesen Prozess kritisch begleiten und für eure Interessen kämpfen.

(Foto: KI generiert)


Weitere Informationen und kompletter Vertragstext:

Reformstaatsvertrag

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